Aufgabenstellung:
Eine Trainingsstätte für AIKIDO sollte in einem alten Kellerraum entstehen. Diese japanische Kampfkunst verzichtet bewusst auf Wettkämpfe und konzentriert sich auf das Erlernen geistiger Haltung, die tief in der japanischen Weltanschauung verankert ist. Daher kommt der täglichen Übung eine zentrale Bedeutung zu. Die räumliche Umgebung sollte dabei den Übenden eine Grundstimmung vermitteln, die sie ständig begleitet und ihren Lernprozess erleichtert. Durch gezielten Einsatz der Elemente sollte ein Raum entstehen, der vom japanischen Esprit gefüllt ist.
Bauweise:
Ein Prinzip japanischer Raumbildung ist die symbolische Markierung der Raumgrenze, die oft aus unscheinbaren Elementen besteht. Sie brauchen den Raum um sich. So wurde das schwere Kellergemäuer vom Putz befreit und zur „digitalen“ Ziegelhülle entmaterialisiert. Die Raumzellen wurden nach und nach auf diesem neutralisierten Bauplatz implantiert, die vom tragenden Teil bewusst getrennt stehen. Das schweigende Gemäuer sollte nicht zur unerwünschten Aussage animiert werden.
Räumliches Konzept:
Nach dem Umkleiden besteigt man einen aufgelegten Holzboden „Rou“, der als Vorbote anderer Welt zum bewussten Beschreiten animiert. Das japanische Tor „Sanmon“ ermahnt die Besucher zur geistigen Bereitschaft zum Betreten. Der DOJO ist karg gehalten, wie bei einem Feldlager der alten japanischen Krieger. Am Ende der Perspektive ist eine dem AIKIDO obligatorische Schmucknische installiert, die dem DOJO räumlichen Halt gibt, ohne mit dem schweren Tonnengewölbe ins Kraftmessen zu treten. Anschließend am DOJO ist ein japanisches Wohnzimmer „Zashiki“ samt Nebenräumen vorgesehen, das zum gemütlichen Beisammensein der Mitglieder nach der Übung dienen soll. Dieser Raumteil ist über einen eigenen Eingang erreichbar, und kann als eigene Raumgruppe für eigenständige Veranstaltungen genutzt werden. Die Implantate sind in der Dimension und der Ausformung japanisch, die entlang des Korridors wie eine Gassenlandschaft Japans gereiht sind. Die räumliche Enge steigert sich zum Reiz, was eine alte Technik japanischer Raumbildung ist.
Japanisches:
In den Räumen vom SHUMElKAN sind alle Materialien sichtbar belassen. Man kann sogar die Spuren der modernen Mauerer beobachten. Die Baustoffe aus unterschiedlicher Herkunft und Beschaffenheit, das Wirken von Handwerkern mit unterschiedlicher Qualität, geplante und nicht geplante Bauteile, alle diese bilden nun einen neuen Mikrokosmos in einem Keller. Die gebaute Umgebung als Natur, keine künstliche Sterilisation. Bald beginnen die Elemente eigene Resonanz zu entwickeln. Es entsteht eine gemischte jedoch geordnete Stimmung. Um als „japanisch“ zu gelten, müssen die Dinge nicht immer japanisch aussehen und umgekehrt. 100 Jahre nach der Entdeckung im Westen gilt japanische Ästhetik nun als ein universaler Begriff, der weltweit von Künstlern beim Schaffen der Werke herangezogen wird, wobei es einzig und allein um Grundprinzipien geht, die der japanischen Ästhetik Zugrunde liegen. Der SHUMElKAN wurde zur körperlichen und geistigen Ertüchtigung errichtet. Nun liegt es in Händen anderer, diesen Raum zur Kulturstätte zu entwickeln, der eigentlich so konzipiert ist.
Wien, Mai 2000
arch-ipn Katsuhito MITANI